Alle Probleme können beleuchtet werden. Nicht alle Probleme können gelöst werden

MEREDITH MEREDITH
YASIAOF-web

Wir alle können sie erzählen: die Geschichte des menschlichen Fortschritts von der Aufklärung bis zum Bitcoin-Start-up; der Innovationen, die die danach bemessen werden, inwieweit sie Reichweite, Gleichförmigkeit, Vorhersehbarkeit, Größe und Geschwindigkeit erhöhen.

Vom Telegrafen über den Festnetzanschluss und das Mobiltelefon bis hin zum tragbaren Bluetooth-Gerät; vom Abakus über Pascals mechanische Rechenmaschine und den raumfüllenden Computer bis hin zum handtellergroßen Gerät, das millionenfach stärker ist als ein tausendmal größeres Gerät nur zehn Jahre zuvor; von der Steintafel über das Buch bis hin zum Internet, das ohne Ausnahme alles bietet. Wir sind alle verbunden. Wir befinden uns an der leuchtenden Spitze eines vorwärtsrasenden Kometen. Wir können uns genüsslich zurücklehnen. Gott sei Dank leben wir nicht in der Vergangenheit. Was für Leute benutzen einen BlackBerry? (Alte Menschen!)

Doch um meinen Therapeuten zu zitieren: „Wer ist nach einer halben Stunde auf Facebook nicht deprimiert?“ Etwas stimmt hier nicht. Ich arbeite zu viel. Ich treffe mich viel seltener mit Leuten. Jeder macht sich permanent Sorgen. Ich habe einen Zwang, ständig meine Nachrichten zu kontrollieren, die Benachrichtigungsleiste immer wieder zu leeren. Und ja, natürlich gibt es seit Langem Kritikerinnen und Kritiker des Positivismus und des westlichen Begriffs von Objektivität und von totalisierenden Systemen und kühnen technokratischen Visionen. Aber das findet irgendwo da oben statt und ändert nichts an dem Gefühl der Einsamkeit und Unruhe hier an der Speerspitze der besten Zeit, die es je gab.

Ich arbeite im Hightech-Sektor, der Fortschrittsgeschichte zufolge die vorderste Front der Innovation. Mein Job besteht darin, Forschungs- und Entwicklungsmethoden zu entwerfen, um sichere und private Internetverbindungen leichter verwendbar und validierbar zu machen. Ich arbeite in einem großen Unternehmen, und ich liebe meine Arbeit. Sie fühlt sich wirklich und wichtig an, und ich kann sie jedem, der sich in dem Bereich auskennt, ganz einfach erklären. Mag die ganze Sache auch nicht besonders leicht sein, ich befinde mich in einem geschlossenen, von einem omnipräsenten, funkelnden Positivismus geformten System, innerhalb dessen man sich kaum vorstellen kann, dass irgendetwas anderes wahr sein könnte.

Ich bin über Ursula Franklins Vorlesung The Real World of Technology1 aus dem Jahr 1989 gestolpert, als ich beim Saubermachen einen Podcast hören wollte. Ich dachte, es wäre ein lustiger Beitrag, dass Technologiediskussionen aus dem Jahr 1989 auf interessante Weise falsch sein würden. Doch die Vorlesung war nicht lustig, sie war wunderbar. Sie brachte mir die Art von Erkenntnis, die man beim Lesen von Romanen erlangt, in denen etwas Vertrautes und Unausdrückbares in Worte gefasst ist. Wer war diese Person, und wie kam es, dass ihre Stimme so viel eindringlicher, realer und bedeutsamer klang, als die Petabytes atemloser journalistischer Berichterstattung, aus denen unsere gegenwärtigen Diskurse bestehen?

Franklin wurde 1921 in München geboren. Sie und ihre Familie überlebten den Holocaust und kamen dann wie durch ein Wunder in Berlin wieder zusammen. Franklin machte dort ihren Doktor in Experimentalphysik, um anschließend für ein Forschungsstipendium nach Kanada zu gehen. Sie ist Feministin, Pazifistin, Quäkerin, Physikerin, Metallurgin und Pionierin der Archäometrie (der Anwendung moderner Materialanalyse auf archäologische Objekte). Sie war die erste Frau, der an der Universität von Toronto die Auszeichnung Universitätsprofessorin verliehen wurde, und sie hat entscheidende Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte geleistet, zur Einstellung von Atomversuchen (ihre Forschung deckte die Zunahme von Strahlenwerten in den Zähnen von Kindern auf), zur Antikriegsbewegung und zur gesellschaftlichen und politischen Technikanalyse. Ihre Arbeit ist von einem tiefen Verständnis für Systeme, Wechselbeziehungen und komplexe Sachverhalte durchdrungen (zum Beispiel von der Wechselwirkung zwischen Kultur und Technik oder zwischen Kunst und Materie). Sie nähert sich ihren Gegenständen nicht mit dem Ziel, sie zu vereinfachen und zu beherrschen oder auf gefällige Modelle hin zurechtzuschneiden, sondern sieht sie als Teile größerer Entitäten, die vielleicht erfasst, aber nicht kontrolliert werden können.

The Real World of Technology kann als eine Neukartierung der üblichen Fortschrittsgeschichte verstanden werden; die Vorlesung betrachtet nicht das Material, das der Fortschritt hervorbringt, sondern die Systeme, die er instanziiert, und den Eindruck, den sie bei uns hinterlassen.

Im Rückgriff auf den französischen Soziologen Jacques Ellul definiert Franklin Technik als gemeinsame Praxis.2 Es geht um die Art und Weise, wie wir etwas tun, nicht um die bekannte Beschreibung der „Summe der Werkzeuge, der Räder und Getriebe, der Schienen und elektronischen Transmitter“3. Es geht um eine Praxis, die aus „Organisation, Verfahren, Symbolen, neuen Begriffen, Gleichungen und, vor allem, einer geistigen Haltung“besteht.

Es gibt keine Technik für Gerechtigkeit. Es gibt nur Gerechtigkeit.

Unser gegenwärtiger Innovations-Moloch wird von dem angetrieben, was Franklin präskriptive Technologien nennt. Darunter sind Verfahren zu verstehen, die die jeweilige Tätigkeit in kleine, klar bestimmbare Aufgaben zerlegen, von denen jede von einer einzelnen Person oder einer spezialisierten Abteilung erledigt wird (zum Beispiel die Arbeitsteilung am Fließband oder bei der Entwicklung von komplexer Software). Bei präskriptiven Technologien „verlagert sich die Kontrolle über die Arbeit zu den OrganisatorInnen, ChefInnen oder ManagerInnen“5. Ausgehend von einer westlichen Weltsicht des 18. Jahrhunderts, die sich Menschen als mechanische Wesen vorstellt, deren Tätigkeiten so justiert werden können, dass sie Leistungen zunehmend effizienter erbringen (von La Mettrie über Taylor bis CrossFit)6, und vorangetrieben durch die Einführung mechanischer Arbeit während der industriellen Revolution sowie durch die modernistische Mode der Masterpläne7, werden präskriptive Technologien heute als die Methode angesehen, mit der man Tätigkeiten organisieren kann. Sie machen Management aus der Ferne in großem Stil möglich und befähigen dazu, Ergebnisse anhand verschiedener präziser Variablen zu messen. Nicht zufällig bieten präskriptive Technologien auch die nötigen Bedingungen für den modernen Kapitalismus und globale Konsumgütermärkte. Wie sonst könnten wir unaufhörlich mehr Dinge besser und schneller herstellen? Wie sonst könnten wir die Rohstoffe bereitstellen, derer sich die Finanzmärkte bedienen – die Fähigkeit zu quantifizieren, strukturieren, kontrollieren und vorherzusagen, die SpekulantInnen eine gemeinsame Perspektive bietet, auf die sie setzen können? Indem sie wunderbare Produkte und atemberaubende Techniken hervorbringen, schaffen präskriptive Technologien eine Welt, in der es normal ist, das zu tun, was einem gesagt wird, und zwar ohne die Fähigkeit, den Prozess oder sein Ergebnis zu kontrollieren und zu gestalten. Sie bringen außerdem eine Befehls- und Kontrollstruktur mit sich. Eine Klasse von ExpertInnen – die ArchitektInnen, die PlanerInnen – und andere, die die Pläne befolgen und die Aufgaben erfüllen. Diese Struktur schafft eine „Compliance-Kultur …, in der es immer mehr darum geht, die übliche Denkweise als normal hinzunehmen und zu akzeptieren, dass man die Dinge nur auf die eine bestimmte Art tun kann“8. Ein Blick durch Franklins Brille zeigt, dass wir als „Nebenprodukt“ dessen, was wir Fortschritt nennen, Gesellschaften geschaffen haben, die leicht zu lenken und zu überwachen sind und deren Mitglieder daran gewöhnt sind, Befehle zu befolgen und die Auswirkungen nicht infrage zu stellen. Nicht, dass es keinen Widerstand gäbe. Von den Ludditen bis zur Occupy-Bewegung breitet sich immer wieder Widerstand aus und kommt zum Ausbruch. Doch wenn er das tut, wird er häufig als natürliche, wenn auch unerfreuliche Folge der „disruptiven“ Tendenzen von Innovation hingestellt (um es im aktuellen Jargon auszudrücken). Daran sehen wir, dass unsere Geschichte des Fortschritts „Menschen als Problemquellen und Maschinen und Geräte als Lösungsquellen“9 ansieht. Danach sind neue, bessere, schnellere Arten, Dinge zu tun, Verfahren, die mehr Dinge schneller produzieren, richtig und notwendig. Die Wut und die Angst der Menschen und ihr Widerstand gegen neue Verfahrensweisen und Maschinen werden dagegen als regressiv und verbohrt bezeichnet, als Problem, das heruntergespielt und hingenommen werden muss. Franklin verknüpft diese Tendenz, „Fortschritt“ der menschlichen Erfahrung vorzuziehen, mit unserem besonderen Vertrauen in wissenschaftliche Methoden. „Wissenschaftliche Konstrukte sind nicht eine Methode, um das Leben um uns herum zu beschreiben, sondern sind zu dem Modell der Realitätsbeschreibung geworden.“10 Das Problem daran ist nicht, dass Wissenschaft unbedingt „falsch“ wäre oder dass sie es nicht schaffen würde, ein wirkungsvolles Instrument bereitzustellen, um allgemein anerkannte Wahrheiten gemeinsam zu verstehen und zu bestätigen. Zur Debatte stehen die allzu breite Anwendung des Verfahrens und seine Schwäche, wenn es um Kontexte geht, aus denen sich nicht ohne Weiteres eine konstante Variable isolieren lässt. Erfahrungen, Gefühle und Emotionen von Menschen, die sich in unendlich vielfältigen und sich verändernden Kontexten bewegen, sind wissenschaftlichen „Beweisen“ nicht dienlich. In einer Welt, in der Wissenschaft das Modell ist, zählen individuelle und gemeinsame Erfahrungen neben anderen, viel leichter „nachprüfbaren“ Fakten wenig. Die Bedingung, dass etwas wissenschaftlich bewiesen sein muss, um Gültigkeit zu besitzen, bedeutet auch, dass Fachleute, also diejenigen mit Bildung, Ansehen und Zugriff auf wissenschaftliche Erkenntnisse, de facto darüber bestimmen, wessen Erfahrungen und Interessen zählen und wessen nicht – eine Position mit erheblicher Macht. Diese Privilegierung des Verallgemeinerbaren und wissenschaftlich „Nachprüfbaren“ unter Ausschluss gelebter individueller Erfahrung ist eine zentrale Bedingung dafür, dass sich unsere gemeinsame Geschichte des Fortschritts einfach (und bequem) auf innovative Produkte konzentriert und die Auswirkungen auf den Menschen beiseite gelassen werden. „Der Plural von Anekdote ist nicht Daten“11, werden wir erinnert.

Meredith_Ursula-Franklin-at-the-launch-of-The-Ursula-Franklin-Reader-at-Massey-College,-2006

„Es gibt keine Technik für Gerechtigkeit. Es gibt nur Gerechtigkeit.“12 Das antwortete Ursula Franklin, als ich sie im Dezember 2015 fragte, was zu tun sei. Ich hatte mich an sie gewandt, damit sie mir sagte, wie man entsprechend der Perspektive, die sie auf die traditionelle Fortschrittsgeschichte hat, handeln soll. Als jemand, der Internettechnologien entwirft und innerhalb dieser überkommenen Denkweise arbeitet, wollte ich ein Rezept, irgendetwas, das ich mit anderen (mit Ihnen?!) teilen und dem ich mich mit ganzer Kraft widmen kann. Sie war warmherzig, großzügig und unglaublich scharfsinnig, und sie gab mir keine bequemen Antworten, keine simple Lösung. Im Mittelpunkt unseres Gesprächs stand meine Sorge über die massiven Überwachungsmöglichkeiten, die die Internettechnologien bieten, und die Art und Weise, wie die öffentliche Zustimmung zur Überwachung durch den Rassismus und Militarismus des mittlerweile unaufhörlichen „Kriegs gegen den Terror“ geschürt wird. Was könnten wir tun, um diese Sichtweise zu bekämpfen? Was könnten wir tun, um die zugrundeliegenden Technologien so zu verändern, dass sie das menschliche Tun und die Privatsphäre des Menschen respektieren? Franklin stimmte zu, das sei ein schwerwiegendes, aber kein „technologisches“ Problem: „Egal, ob es sich um HeidInnen, Hexen, Frauen, KommunistInnen oder wen auch immer handelt: Als politisches Werkzeug ein Feindbild aufzubauen ist unangemessen. Die einzige Lösung ist das Beharren auf einer zivilisierten, demokratischen Gesellschaft. Eine zivilisierte, demokratische Gesellschaft kämpft gegen so etwas ebenso an wie gegen den Wunsch einer Behörde, persönliche Informationen über BürgerInnen und ihre Aktivitäten und Beziehungen zu sammeln. Ob es durch Ausspionieren, durch das Bestechen von Kindern, durch Arbeitsplatzüberwachung, durch die Beichte im Beichtstuhl geschieht – das Problematische ist das Sammeln an sich. Die Mittel, die Technologien, sind sekundär. Es ist ein Problem von autoritärer Macht. Und an der Wurzel dieses Problems geht es um Gerechtigkeit, und Gerechtigkeit ist politisch.“ Gerechtigkeit kann verstanden und gefühlt werden, doch es gibt kein Schema, dem man folgen, keine Checkliste, die man abarbeiten könnte, um garantiert Gerechtigkeit herzustellen. Die Bedingungen dafür sind Demut, Berücksichtigung von Zusammenhängen und die Bereitschaft, auch auf die marginalisiertesten Stimmen zu hören. Das sollten die Grundbedingungen sein für alles, was man tut. Man muss „sich in die Position des am meisten Benachteiligten versetzen, und zwar so, dass man ein instinktives, intuitives Gefühl von Empathie und einen Blick für das richtige Verhältnis der Dinge gewinnt – das ist die einzige Möglichkeit zu erkennen, was Gerechtigkeit ist.“ Gerechtigkeit zu verstehen, die am meisten Benachteiligten zu respektieren und sie in den Entwurf jedes Planes, der sie betrifft, einzubeziehen, sind notwendige Ausgangspunkte. Aber die mit unseren gegenwärtigen Technologien verknüpften Probleme werden nicht gelöst, indem man Getriebe justiert oder Apparate neu gestaltet. Ein Entwicklungsplan, der auf Gerechtigkeit fokussiert, ist nur der erste Schritt. „Für sehr lange Zeit waren Geräte und Maschinen antimenschlich. Wenn man von der antimenschlichen Komponente wegkommen möchte, dann diskutiert man nicht über Technik, sondern über Kapitalismus.“ Selbst wenn man ein Bild davon hat, wie Gerechtigkeit aussehen und sein könnte, werden Versuche der radikalen Veränderung natürlich von machtvollen Akteurinnen und Akteuren abgewehrt, die von dem ungerechten Status quo reichlich profitieren. Politische Veränderung muss Teil der Gleichstellung sein. Dies ist kein hitziger Aufruf zur Revolution. Je größer der Schritt, je größer die Vision eines gerechten Wandels, desto schwieriger wird es sein, sie in einem System, in dem Macht gegen Gerechtigkeit gerichtet ist, „durchzubekommen“ (und desto schwieriger wird es natürlich sein, den ungeheuren Einfluss dieser Vision auf die benachteiligte Bevölkerung wirklich zu verstehen und damit sicherzustellen, dass sie tatsächlich der Gerechtigkeit dient). Nicht, dass es sich nicht lohnen würde, Handlungsweisen und Pläne zu entwickeln – es ist außerordentlich lohnend. Aber es ist unwahrscheinlich, dass man tatsächlich viel bewirkt, wenn man mit einer großen Ankündigung beginnt. „Um in einer feindlichen Welt vorwärtszukommen“, empfiehlt Franklin, „nennen Sie es ein Experiment. Geben Sie zu, dass Sie nicht wissen, wie Sie es machen sollen, aber bitten Sie um Raum, Ungestörtheit und Verständnis. Dann starten Sie Ihr Experiment, in aller Ruhe. Positionieren Sie sich unter Bedingungen, die nicht auf Erfolg ausgerichtet sind, außerhalb des Rampenlichts, und schreiten Sie behutsam und demütig voran. Seien Sie bereit, Erwartungen herunterzuschrauben, während neue Formen heranreifen.“ „Mein Lieblingswort ist der alte Quäkerausdruck ‚skrupeln‘, der für eine Tätigkeit verwendet wird“, beginnt Franklin, um sich der Frage zuzuwenden, wie man an die Unmenge von politischen und gesellschaftlichen Problemen, die wir diskutiert haben, herangehen sollte. „Er stammt ursprünglich aus der Anti-Sklaverei-Bewegung. Die Menschen kamen zum ‚Skrupeln‘ zusammen, das heißt, um ein gemeinsames Problem zu besprechen und zu diskutieren, etwas, in Bezug auf das sie Skrupel, moralische Bedenken, hatten – zum Beispiel Gerechtigkeit – und für das sie keine Lösung fanden. Das ist Skrupeln, und das ist etwas, das Sie und Ihre Freunde tun können.“ „Treffen Sie sich und reden Sie. Hören Sie zu und fühlen Sie sich in den anderen ein. Suchen Sie nicht das Rampenlicht, und akzeptieren Sie, dass manche Probleme sehr groß und schwierig sind und dass sie mit Ihren Fähigkeiten vielleicht nicht gelöst werden können. Dies sind nicht die Methoden von charismatischen Führungskräften. Dies sind keine Anleitungen für spektakuläre Erfindungen oder für unternehmerischen Erfolg.“ Ihre Abschiedsworte sollten mir Trost spenden: „Ihrer geistigen Gesundheit zuliebe dürfen Sie nicht vergessen, dass nicht alle Probleme gelöst werden können. Nicht alle Probleme können gelöst werden, aber alle Probleme können beleuchtet werden. Sind die Eier einmal aufgeschlagen, sind sie kaputt. Sie können nicht wieder ein ganzes Ei daraus machen. Sie können sie höchstens braten und mit jemandem teilen.“

1 Die Vorlesungen bilden die Grundlage von Ursula Franklins 1990 veröffentlichtem Buch The Real World of Technology, Toronto 1999. Die Vorlesungen können kostenlos gestreamt werden: http://www.cbc.ca/radio/ideas/the-1989-cbc-massey-lectures-the-real-worldof-technology-1.2946845.
2 Jacques Ellul (1912–94) war ein französischer Soziologe, Philosoph und christlicher Anarchist, der unter anderem das Buch La technique ou l’enjeu du siècle (1954) verfasste, in dem diese Definition dargelegt wird. Bei der Beschreibung ihrer Definition beruft Franklin sich auf Ellul.
3 Ursula Franklin, The Real World of Technology (Toronto, 1999), S. 2.
4 Ebd.
5 Ebd., S. 16.
6 Julien Offray de La Mettrie lebte im 18. Jahrhundert und war Physiker und Philosoph. Er verfasste das Buch L’homme machine (dt. Titel: Der Mensch als Maschine), in dem er Menschen als komplexe Maschinen betrachtete. Frederick Winslow Taylor war Ingenieur im ausgehenden 19. Jahrhundert und ist Autor von The Principles of Scientific Management (dt. Titel: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung). Er analysierte Fabrikarbeiter, indem er ihre Tätigkeiten aufgliederte, um zu bestimmen, auf welche Art und Weise Waren am effizientesten hergestellt werden können (d.h. wie man am meisten aus den Arbeiterinnen und Arbeitern herausholt). CrossFit ist eine Fitnessmode des 21. Jahrhunderts, bei der es darum geht, durch eine sorgfältig festgelegte Reihe von zielgerichteten und intensiven Übungen die „Fitness zu optimieren“.
7 In ihnen wirkt James C. Scotts Seeing Like a State nach, das Erkennbarkeit und Standardisierung als Voraussetzungen für zentralisierte autoritäre Planung und Kontrolle betrachtet.
8 Ursula Franklin, The Real World of Technology, S. 17.
9 Ebd., S. 25.
10 Ebd., S. 31. Hervorhebung im Original.
11 Ein Spruch, der im Internet einem Dutzend verschiedener AutorInnen zugeschrieben wird.
12 Die Zitate von Ursula Franklin in diesem Abschnitt stammen aus einem Skype-Gespräch vom 19. Dezember 2015 zwischen Ursula Franklin, Jane Freeman und mir. Ich möchte Jane Freeman und Ursula Franklin sehr herzlich dafür danken, dass sie sich die Zeit und die Ruhe genommen haben, über meine Fragen nachzudenken und sie zu beantworten, einschließlich der vielen E-Mails und all der logistischen Organisation, die nötig war, um sicherzustellen, dass Skype installiert war und dass wir loslegen konnten.

MEREDITH MEREDITH ist Internetforscherin und Dichterin, sie lebt und arbeitet in New York. In ihrer täglichen Praxis beschäftigt sie sich mit der Messung und Nutzung öffentlicher Daten, um Netzneutralität durchzusetzen; mit Anwendungsdesign und künstlerischem Denken zur Schaffung von reizvolleren, respektvolleren, kryptographisch sicheren Technologien und mit der Ethik, den Machtbeziehungen und dem Einfluss des Internets – in all seinen undeutlichen Definitionen – und wie es die weltweite alltägliche Realität durchdringt.

ABBILDUNG: Ursula Franklin bei der Veröffentlichung von The Ursula Franklin Reader: Pacifism as a Map, Massey College, Toronto, 2006