Die 9. Berlin Biennale gibt Hauptausstellungsorte bekannt

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Die 9. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst will die Paradoxien greifbar machen, die die Welt im Jahr 2016 zunehmend prägen: das Virtuelle als das Wirkliche, Nationen als Marken, Menschen als Daten, Kultur als Kapital, Wellness als Politik, Glück als Bruttoinlandsprodukt und so weiter. Die 9. Berlin Biennale sieht sich nicht in der Position, „verlassene“ Räume zu besetzen, und dadurch möglicherweise Gegenden für private KäuferInnen zu erschließen; ebenso ist die Berlin Biennale nicht in der Lage, wie ein neues Kultprodukt über die Stadt zu schwappen. Sie setzt auch für diese Ausgabe darauf, dass die Beziehung zur Stadt die Berlin Biennale (aus-) macht, aber im Gegenzug auch das Image der Kulturmetropole belebt. Sie wird dafür an verschiedenen Orten, die immer auch einen Hauch von der „Paradessenz“ (Paradox + Essenz) unserer Zeit verströmen, Gestalt annehmen.

Ausgangspunkt ist der Pariser Platz. An diesem touristischen Epizentrum hatte Michael Jackson im Hotel Adlon einst sein Baby über das Balkongeländer gehalten – eine halb private, halb öffentliche Performance, die schon den Pulk von Selfie-Sticks erahnen ließ, der heute den Passanten an diesem historischen Ort den Rahmen gibt. Der Platz ist umgeben von weitgehend unsichtbaren Netzwerken wirtschaftlicher und staatlicher Macht; Lockheed Martin, das Allianz Stiftungsforum, die DZ Bank und BP Europa SE haben hier direkt neben den Botschaften der USA und Frankreichs ihre Vertretungen.

Die Akademie der Künste am Pariser Platz ist eine historische Stätte, die durch eine großzügige Glasarchitektur neu gefasst wurde. In unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel kommen hier die visuellen Codes des Staats exemplarisch zum Ausdruck: nationales Erbe und der Glanz der Transparenz. Die Berlin Biennale wird die verschiedenen Passagen, Aufenthalts- und Veranstaltungsräume des Gebäudes besetzen.

Die ESMT European School of Management and Technology, eine private Wirtschaftshochschule, befindet sich im ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR. Die sozialistische Vergangenheit des Baus wird überlagert von den aktuellen Codes der globalen Wirtschaft; staatssozialistische Ästhetik wacht über Liveübertragungen des deutschen Aktienindex und eine hochmoderne Wirtschaftsausbildungs-Einrichtung für künftige Führungskräfte.

Am Landwehrkanal in Kreuzberg wird ein ehemaliger Telekommunikationsbunker renoviert und wird in seiner neu gestalteten Form die Feuerle Collection beherbergen. Als private Sammlung von musealem Ausmaß, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist, verdeutlicht der Ort den steten Zulauf von SammlerInnen nach Berlin und die verschiedenen öffentlichprivaten Partnerschaften, die die Kulturwirtschaft der Stadt antreiben.

Das Fahrgastschiff Blue-Star der Reederei Riedel wird als Ausstellungsort und Ort für Veranstaltungen und Performances dienen. Es wird auf der Route fahren, die auch von normalen Ausflugsschiffen auf der Spree frequentiert wird, vorbei an der Museumsinsel und dem Regierungsviertel. Die BesucherInnen werden hier zu TouristInnen, den typischen SammlerInnen und VermittlerInnen heutiger Erlebnisräume.

Die Räumlichkeiten der KW Institute for Contemporary Art bilden einen Punkt der Kontinuität im Hinblick auf das historische Erbe der Berlin Biennale. Die Umgebung steht für das öffentliche Image eines Berlins der Insider. Die Häuser mit ihren ehemals maroden Fassaden und den exklusiven Interieurs, die Permalancer in den trendigen Cafés sind ein Gegenpart zur öffentlichen Bühne am Pariser Platz.

Um das Startzeichen für eine Biennale zu geben, die die Gegenwart behandelt, jedoch nicht in der Lage ist diese in ihrer Komplexität institutionell zu fassen, ist der erster Schauplatz die Website. Sie wird als ein Feed aktiviert, der sich aus Inhalten innerhalb und außerhalb der 9. Berlin Biennale speist.

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9. Berlin Biennale bittet blinde und sehbeeinträchtige Menschen um Unterstützung

Die 9. Berlin Biennale sucht blinde und sehbeeinträchtige Menschen für die Unterstützung eines Künstlerprojektes, dessen Ziel es ist, eine Smartphone-App zu entwickeln, die im Alltag behilflich ist. Die App soll während eines Workshops im Mai 2016 vorgestellt, erklärt und getestet werden. Smartphones werden während des Workshops zur Verfügung gestellt. Nähere Informationen zur Teilnahme unter blindwiki@berlinbiennale.de.